Der Fall:
Ein Rechtsanwalt verschickte über das beA einen Schriftsatz, den er am Ende des Schriftsatzes lediglich mit „Rechtsanwalt“ unterschrieb, nicht aber mit seinem Namen. Darauf hingewiesen, unterschrieb der Rechtsanwalt den Schriftsatz und beantragte Wiedereinsetzung. Diesen Antrag verwarf der BGH mit der Begründung, dass die Ordnungsmäßigkeit eines Schriftsatzes in den Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts falle und diesen ein Verschulden daran trifft, hierauf nicht geachtet zu haben.
Die Begründung:
Die einfache Signatur im Sinne des § 130 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO erfordert die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Nicht genügend ist das Wort „Rechtsanwalt“ ohne Namensangabe (BGH, Beschluss vom 07.09.2022, XII ZB 215/22).
Insbesondere sei ein Rechtsirrtum des Rechtsanwalts über die gesetzlichen Erfordernisse regelmäßig nicht unverschuldet, denn – so der BGH – ein Rechtsanwalt müsse die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen.
Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts könne als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der Verfahrensbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet habe, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Ein Rechtsirrtum sei nur ausnahmsweise als entschuldigt anzusehen, wenn er auch unter Anwendung der erforderlichen Sorgfaltsanforderungen nicht vermeidbar war (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 222, 105 = NJW 2019, 2230 Rn. 25 mwN).
Ein etwa vorliegender Irrtum in diesem Sinne sei nicht unvermeidbar gewesen, denn die Bundesrechtsanwaltskammer habe bereits zuvor in einem Newsletter folgenden Hinweis erteilt: „Die „einfache elektronische Signatur“ (oder einfach: Signatur) besteht einfach darin, einen Namen unter das Dokument zu setzen, gleich ob man ihn tippt oder eine gescannte Unterschrift einfügt.“
Hierüber konnte sich der Rechtswalt nicht ohne Verletzung seiner anwaltlichen Sorgfaltspflichten hinwegsetzen. Zudem war im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerdeschrift bereits Rechtsprechung des BAG veröffentlicht, wonach das Wort „Rechtsanwalt“ als Abschluss des Schriftsatzes nicht genügt (BAGE 172, 186 = NJW 2020, 3476 [BAG 14.09.2020 – 5 AZB 23/20] ).
Wenn der Verfahrensbevollmächtigte das Dokument entgegen den gesetzlichen Erfordernissen nicht mit einer einfachen Signatur versehen habe, so entlaste es ihn auch nicht, wenn im Prüfprotokoll der Übermittlung an das EGVP zwar unter „Zusammenfassung und Struktur“ vermerkt ist: „Sämtliche durchgeführten Prüfungen lieferten ein positives Ergebnis“, gleichzeitig jedoch angegeben ist: „keine Signatur gefunden“.
Zwar dürfe der Rechtsanwalt in einem solchen Fall davon ausgehen, dass die Übersendung an das Gericht als solche erfolgreich war, jedoch besage die Bestätigung der ordnungsgemäßen Übertragung nichts darüber, ob das eingereichte Dokument für sich genommen den gesetzlichen Erfordernissen hinsichtlich Echtheits- und Integritätsnachweisen entspricht. Angesichts der Angabe „keine Signatur gefunden“ war für den Rechtsanwalt offenkundig, dass das Dokument – entgegen seiner Annahme – nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen war. Somit konnte es allenfalls aufgrund einer enthaltenen einfachen Signatur Rechtswirksamkeit entfalten.
Anmerkung
Diese explizit für Rechtsanwälte geltende Entscheidung dürfte ab 1.1.2023 auch für Steuerberater erhebliche Bedeutung haben. Sie sollten daher insbesondere im Rahmen von Widersprüchen oder Klageverfahren darauf achten, dass die Schriftstücke mit dem Namen unterschrieben sind und die Unterschrift auch als Unterschrift anerkannt wird!