von Raymond Wilbois, Telgte
Heute ist Menschenführung schwieriger geworden, als dies vor 20 oder 30 Jahren war. Der Beitrag geht auf die Ursachen ein und zeigt Wege auf, die Führungskräfte in dieser Situation gehen können.
Befragt man Führungspraktiker aus unterschiedlichen Unternehmen oder Personalfachleute im Hinblick auf die Antworten, die ihnen von Bewerbern bereits in den ersten Interviews gegeben werden, so können verschiedene Ursachen festgestellt werden:
- Es sind oftmals die heute komplexeren und sich schnell ändernden Arbeitsprozesse, die eine neue Struktur vorweisen und dabei können die Führungskräfte, die an alten Berufsbildern „kleben“, nicht mehr mithalten.
- Es ist der ungeheure Wertewandel, der insbesondere bei jungen Menschen, ein auffälliges und verändertes Verhalten zeigt.
- Es ist signifikant, dass gerade das Selbstbewusstsein bei den Mitarbeitern – auch hier sind die jüngeren Menschen deutlich im Vordergrund, indem sie mehr Rechte einfordern – enorm gewachsen ist.
- Es wurden mehr sogenannte flache Hierarchien konstruiert; dabei sind diese ursächlich aus Kostengründen entwickelt worden, die aber dazu führen, dass die Mitarbeiter in der Breite nicht mehr so intensiv betreut werden können. Flache Hierachien haben zwar auch Vorteile, wobei es sehr wesentlich darauf ankommt, dass klare und deutliche Stellenbeschreibungen eingeführt sind.
- Es fehlen bei vielen Führungskräften die so notwendigen Sozialkompetenzen und damit auch unter dem Arbeitsdruck die Zeiträume, sich den Mitarbeitern zu widmen.
- Die allgemeine Geisteshaltung eines Optimismus – unabhängig von der Corona- Pandemie – ist schmäler geworden. In den sogenannten sozialen Medien herrscht vielfach eine fast unzumutbare Verschwörungsagitation vor. Viele Mitarbeiter sind daher im Hinblick auf ihre Zukunft verunsichert. Gute und stabile Führungskräfte sind gefragt.
Wer ehrlich zu sich selbst ist, weiß, wie schwer es ist, eigene Verhaltensformen und Gewohnheit zu verändern. Deshalb darf mit Fug und Recht behauptet werden, dass alle Führungsmethoden, Aktivitäten und Motivationstechniken daran zu messen sind, inwieweit die Mitarbeitereinstellungen und Engagements für das jeweilige Unternehmen (Kanzlei) tatsächlich eine neue Einsicht hervorbringen.
Ein wesentlicher Faktor ist zudem das Vorbildsein einer Führungskraft. Jedes Seminar, jeder Workshop und jedes Coaching ist im Ergebnis nur so gut, wie der emotionale Lern- und Überzeugungseffekt vom Trainer oder Moderator auf den Klienten überspringt. Begriffe wie „Sparring“ (ursprünglich aus dem Boxsport) sind nur ein modernes Etikett, für eine Handlungsgrundlage, die beispielsweise über ein systemisches Rollenspiel oder andere Interaktionen eine Reflexion zutage fördert.
Bleiben wir doch bei einer nicht ideologischen Förderung der Entwicklung unserer Führungskräfte, denn wir können das Wesen eines Menschen nicht dauerhaft verändern. Es gilt lediglich, sie zu einem am Unternehmensinteresse orientierten Verhalten zu bestärken und zu veranlassen. Von daher ist auch Coaching eine durchaus wertvolle Möglichkeit, da der Klient allein den Weg bestimmt.
ZUM AUTOR: Raymond Wilbois ist selbstständiger Verhaltenstrainer und gehört dem Expertenteam von proStb an. proStb hat sich zum Ziel gesetzt, Steuerberaterkanzleien bei der Führungskräfte-Weiterentwicklung tatkräftig zu unterstützen.