Immer wieder erleiden Steuerberater im Rahmen von Gebührenklagen Schiffbruch mit der Leistungserfassung, insbesondere, wenn es um die Abrechnung von Zeitgebühren geht. Dabei liegen die Fehler im Wesentlichen in zwei Bereichen:
- Angemessenheit des angesetzten Stundenaufwands für die aufgeführten Aufwandspositionen und
- Abrechenbarkeit nach den Vorschriften der StBVV.
Diesbezüglich ist das Urteil des AG Borken (11.7.17, 12 C 158/14) lesenswert.
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der klagende Steuerberater wurde einerseits im Rahmen der Betriebsprüfung der Beklagten im Jahr 2013 und andererseits im Rahmen wirtschaftlicher Beratung hinsichtlich Elterngeld und Elternzeit als Geschäftsführerin, Wechsel der Krankenversicherung, Restschuldbefreiung, Bestellungsmöglichkeiten zum Geschäftsführer sowie diverser Besprechungstermine zur aktuellen wirtschaftlichen Lage im Jahr 2013 für die Beklagte tätig.
Der Kläger rechnete diese Tätigkeiten mit einem Gesamtbetrag von 4.111,45 EUR brutto ab.Die Abrechnung erfolgte für beide Positionen anhand eines Stundenaufwands, die mit einem Stundensatz von pauschal 90,00 EUR für die Position „Betriebsprüfung 2013“ und von 90,00 EUR für die Tätigkeiten der Zeugin N T und von 92,00 EUR für die Tätigkeiten des Klägers selbst hinsichtlich der Position „Wirtschaftliche Beratung 2013“ abgerechnet wurden. Die Rechnung gibt jeweils nur die Anzahl der geleisteten Stunden wieder.
Nachfolgend die Darstellung der vom Gericht aufgestellten „Mängelliste“:
- Abrechnung „Einspruch USt 2009“: Nach § 40 StBVV (a.F.!) war nach Wertgebühr abzurechnen, nicht nach Zeit (aktuell erfolgt die Abrechnung nach dem RVG).
- Restschuldbefreiung, Geschäftsführerbestellungsmöglichkeit und deliktische Forderungsanmeldung: Dabei handelt es sich nicht um Vorbehaltsaufgaben i.S.d. § 33 StBerG, sondern um vereinbare Tätigkeiten nach § 57 Abs. 3 StBerG und wären daher gem. § 1 Abs. 1 StBVV nicht als solche über die StBVV abrechenbar. Restschuldbefreiung, Geschäftsführerbestellung und deliktische Forderungsanmeldung gehören aber nicht zum Berufs- bzw. Tätigkeitsfeld eines Steuerberaters i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 RDG. Diese Leistungen hätte der Kläger allenfalls in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsprüfer ausüben, dann aber nicht nach § 13 StBVV abrechnen dürfen; vielmehr hätte es einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung zur Abrechnung eines Stundensatzes bedurft.
- Teilnahme der Zeugin NT an Besprechungen der Parteien: Die volle Abrechnung ihrer Anwesenheit wurde um die Hälfte reduziert. Zwar bedeute die Anwesenheit einen zu vergütenden Vorteil für den Beklagten, z.B. weniger Informationsverlust und die Möglichkeit, Fragen schneller beantworten zu können. Das rechtfertige aber nicht die Abrechnung der vollen Anwesenheit, weil der durch die Nichtanwesenheit erforderliche Zeitaufwand hinsichtlich der zu klärenden Nachfragen erheblich geringer ausgefallen wäre.
Relevanz für die Praxis
Bei der Abrechnung der erbrachten Leistungen ist zunächst zu klären, ob es sich um Vorbehaltsaufgaben handelt. In diesem Falle gilt die StBVV kraft Gesetz, ohne dass es einer zusätzlichen Vereinbarung zwischen Steuerberater und Mandant bedarf.
Enthält der Auftrag auch Tätigkeiten, die unter den Bereich der vereinbaren Tätigkeiten nach § 57 Abs. 3 StBerG fallen, muss hinsichtlich der Abrechnung eine gesonderte Vereinbarung mit dem Mandanten geschlossen werden. Dabei besteht natürlich auch die Möglichkeit, die Abrechnung nach den Vorschriften der StBVV zu Grunde zu legen, jedoch bedarf es insoweit einer vertraglichen Abrede!
Soll eine Abrechnung nach Zeitgebühren erfolgen, muss der Zeitaufwand dezidiert nachgewiesen werden.
Praxistipp: Für einen aktuelle Einstieg zu Problemen und Lösungen mit der Leistungserfassung vgl. diese Literaturübersicht aus Kanzleiführung professionell.